Online-Hörtest: Wie gut ist Ihr Gehör? Jetzt testen
Heftige, pochende Ohrenschmerzen, die vor allem abends oder nachts auftreten, sind ein charakteristisches Merkmal für eine akute Mittelohrentzündung. Als Otitis media acuta, so der Fachbegriff, bezeichnen Ärzte die schmerzhafte Infektion des Ohres, die ein- oder beidseitig und in jedem Alter auftreten kann. Allerdings sind Kinder von drei Monaten bis drei Jahren besonders häufig betroffen: Laut Statistik erkrankt jedes zweite europäische Kind mindestens einmal im ersten Lebensjahr an einer Mittelohrentzündung. Hochgerechnet hat jedes Kind bis Erreichen des siebten Lebensjahrs eine Mittelohrentzündung durchlitten. Bei Jungen tritt die Erkrankung häufiger auf als bei Mädchen.
Ein harmloser Schnupfen kann ebenso Ausgangspunkt für eine Mittelohrentzündung sein wie ein Atemwegsinfekt oder eine Mandelentzündung. Über den Nasen-Rachen-Raum steigen dann Viren oder Bakterien bis ins Mittelohr auf.
Entweder ist also eine Erkältung oder Grippe, die von Virenverursacht wurde, der Auslöser,
oder: Der virale Infekt war die Initialzündung für eine zusätzliche bakterielle Infektion, bei der nun Bakterien für eine eitrige Entzündungsreaktion in der mittleren Ohrpartie sorgen.
Über die Ohrtrompete, die Nasen-Rachen-Raum und Mittelohr miteinander verbindet, gelangen die Bakterien oder Viren in das Mittelohr, vermehren sich und lösen heftige, pulsierende oder klopfende Schmerzen im Ohr aus.
Da bei Kindern das „Verbindungsstück“ zwischen Ohr und Nasen-Rachen-Raum noch anders verläuft und zudem sehr kurz und weit ist, sind Kinder besonders anfällig für Mittelohrentzündungen. Keime können bei ihnen leichter ins Mittelohr vordringen. Je älter ein Kind wird, desto stärker wächst die Ohrtrompete (auch Eustachische Röhre oder Tube genannt) in die Länge. Ein glücklicher Umstand, denn damit sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass Mittelohrentzündungen mit fortschreitendem Alter noch auftreten.
Bei einer akuten Mittelohrentzündung treten Symptome meist plötzlich auf. Besonders häufig klagen Betroffene über:
stechende/pulsierende Ohrenschmerzen (ein- oder beidseitig)
pochende Ohrgeräusche
Fieber
Hörminderung
Schlafschwierigkeiten
Kopfschmerzen
Druckschmerz hinter dem Ohr
Übelkeit, Erbrechen und Durchfall (selten)
Unspezifische Bauchschmerzen (gerade bei Kindern)
Eine beidseitige (bilaterale) Entzündung ist häufiger mit Fieber verbunden, die Betroffenen leiden stärker unter den Schmerzen.
Kinder schrecken wegen der stechenden Ohrenschmerzen oft weinend aus dem Schlaf auf. Sie sind auffallend unruhig, trinken schlecht und fassen sich ständig ans Ohr. Dieser Reflex wird „Ohrzwang“ genannt und ist ein sehr zuverlässiger Hinweis auf eine Mittelohrentzündung.
Hat die Entzündung im Ohr bereits so großen Druck auf das Trommelfell ausgeübt, dass es nachgegeben hat und durchbrochen ist, läuft trübe-wässriges (seröses), eitriges oder leicht blutiges Sekret aus dem Ohr.
Fallen diese Symptome auf, gerade auch nach einem überstandenen Infekt, sollte unbedingt ein Kinderarzt oder Hals-Nasen-Ohren Arzt konsultiert werden.
Ein Hals-Nasen-Ohren-Arzt (HNO-Arzt) wird sich den Zustand des Trommelfells mit einem Ohrtrichter (Fachbegriff: Otoskop) ansehen, um eine Diagnose zu stellen. Die Untersuchung ist nicht schmerzhaft und dauert nicht lange. Selbstverständlich kann auch ein Kinderarzt diese Untersuchung des Gehörgangs und Trommelfells vornehmen. Schon an der Farbe des Trommelfells lässt sich erkennen, ob eine Entzündung vorliegt. Ist das Trommelfell nicht gräulich, sondern rosa, und wölbt es sich nach außen, weil sich dahinter bereits eitriges Sekret gebildet hat, sind dies sichere Anzeichen für eine akute Mittelohrentzündung.
Wenn Patienten – Kinder und Erwachsene – schon mehrfach mit Ohrentzündungen zu tun hatten, kann auch ein Hörtest angezeigt sein. Für Babys und sehr kleine Kinder, die bei einem solchen Test noch nicht richtig mitarbeiten könnten, gibt es die Möglichkeit, mit einem besonderen Messverfahren das Hörvermögen zu prüfen.
Die Bekämpfung der Schmerzen mit bestimmten Schmerzmitteln ist der erste Schritt der Behandlung.
Abschwellende Nasentropfen oder ein entsprechendes Spray kann der behandelnde Arzt empfehlen, um eine bessere Belüftung der Ohren zu erreichen.
Eine akute Mittelohrentzündung heilt in der Regel nach einigen Tagen folgenlos ab. Bei Kindern ab zwei Jahren und Erwachsenen werden ärztliche Beobachtung und Kontrolle für die ersten zwei bis drei Tage empfohlen. Tritt danach keine Besserung ein und verschlimmern sich die Symptome, kann der Arzt die Gabe eines Antibiotikums anraten.
Entwickelt sich eine Mittelohrentzündung bei Kleinkindern immer wieder neu, kann das auf Dauer das Hörvermögen schädigen. Ein Umstand, der dann womöglich auch Auswirkungen auf die sprachliche Entwicklung des Kinds hat. Um dem vorzubeugen, sollte ein HNO-Arzt unbedingt die genaue Ursache der Infektionsempfindlichkeit ermitteln – und entsprechend behandeln.
Ständig wiederkehrende Entzündungen im Mittelohr lassen mitunter Narben am Trommelfell zurück, die dann die Schädigung des Hörvermögens hervorrufen können. Da bei Kindern häufig vergrößerte Gaumenmandeln mit dafür verantwortlich sind, dass die Eustachischen Röhren zugedrückt werden, raten HNO-Ärzte eventuell zu einer Entfernung der Mandeln. Mit solch einem Eingriff lässt sich vielfach verhindern, dass eine akute Mittelohrentzündung chronisch wird.
Klingt eine Mittelohrentzündung trotz Medikamentengabe nicht ab, können sogenannte Paukenröhrchen ins Trommelfell eingesetzt werden. Diese unterstützen die Belüftung des Mittelohrs und lassen Sekrete besser ablaufen. Da bei einer Mittelohrentzündung der Verbindungsgang zwischen Mittelohr und Rachen so zuschwillt, dass Schleim und Flüssigkeit nicht mehr gut abfließen können, verhindern die Paukenröhrchen, dass erneut ein Sammelbecken für Keime entsteht. Die winzigen Röhrchen werden innerhalb von sechs bis zwölf Monaten vom Körper abgestoßen, und das Trommelfell heilt von allein wieder zu.
Gefährliche Komplikationen wie etwa die Entzündung des Knochens hinter der Ohrmuschel (Mastoiditis), eine Hirnhautentzündung (Meningitis) oder Gesichtsnervenlähmungen sind zwar selten, rechtfertigen aber, dass Ohrenschmerzen immer ärztlich begutachtet werden sollten.
Eine wirklich verlässliche Methode, um Mittelohrentzündungen vorzubeugen, gibt es nicht. Allerdings deuten wissenschaftliche Erkenntnisse darauf hin, dass eine Impfung gegen Pneumokokken und Haemophilus influenzae Typ b (Hib) vor Mittelohrentzündungen schützen kann. Diese Bakterien können Auslöser der schmerzhaften Entzündungen sein. Die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut Berlin empfiehlt daher die Immunisierung als Standardimpfung. Ob eine Impfung ratsam ist, sollte mit einem Facharzt besprochen werden. Weitere Information über den empfohlenen Zeitrahmen für die wichtigsten Impfungen im Kleinkindalter gibt es hier..
Um den empfindlichen inneren Bereich der Ohrmuschel nicht zu verletzen und keine Eintrittspforten für Bakterien zu schaffen, wird zudem davon abgeraten, Wattestäbchen zur Reinigung des Ohres zu benutzen.
Weitere wissenschaftliche Untersuchungen konnten belegen, dass Stillen in den ersten sechs Lebensmonaten und eine tabakrauchfreie Umgebung das Risiko einer akuten Mittelohrentzündung verringern. Erfahrene Kinderärzte weisen außerdem darauf hin, dass intensives „Schnullern“ und Nuckeln im flachen Liegen Mittelohrentzündungen begünstigen kann.